MAN-EATING TREE, THE - Night Verses
Mehr über Man-Eating Tree, The
- Genre:
- Dark Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Noble Demon
- Release:
- 11.04.2025
- Night Verses
- Days Under The Dark
- Seer
- These Traces
- All Our Shadows
- To The Sinking
- Ruins Of Insanity
- Abandoned
- Reflections
THE MAN-EATING TREE kehrt nach langer Zeit zurück und das düsterer als zuvor!
Wenn eine Band plötzlich komplett vom Radar verschwindet, bleibt sie wohl nur den größten Fans im Gedächtnis und/oder wird eine urbane Legende. Nach dem letzten Album "In The Absence Of Light" von THE MAN-EATING TREE ist genau das passiert. Die Band verschwand. 2025, zehn Jahre nach dem letzten Lebenszeichen, pulsiert plötzlich wieder Leben durch die Wurzeln des menschenfressenden Baums. Dabei ist nur Gründungsmitglied Janne Markus (Ex-POISONBLACK) übrig geblieben, auch SENTENCED-Schlagzeuger und weiteres Gründungsmitglied Vesa Ranta ist in den Wirren der Stille von Bord gegangen, was ersteren nötigte, ein komplett neues Lineup zusammenzustellen mit Musikern, die unter anderem mit MORS SUBITA und GHOST BRIGADE ihre Sporen verdient haben. Moment: GHOST BRIGADE? Als die Info die Runde machte, dass der ehemalige Fronter der Geisterbrigade, Manne Ikonen, plötzlich ebenfalls aus der Versenkung aufgetaucht ist, konnte ich es nicht glauben. Gerade sein facettenreicher und unverwechselbarer Gesang hat mir viele bittersüße Stunden gebracht und ich bedauere bis heute, dass es diese Truppe aus Jyväskylä nicht mehr gibt.
Doch was bedeutet das für das neue Werk "Night Verses" von THE MAN-EATING TREE? Wurde eine Metamorphose zu THE MAN-EATING GHOST BRIGADE vollzogen oder behält man doch den recht markanten Sound?
Die Antwort liegt irgendwo dazwischen und das direkt vorweg: "Night Verses" atmet zu jeder Zeit den Geist der ersten drei Alben, doch kommt durch den neuen Mann am Mikrofon unweigerlich auch gewaltige Reminiszenzen an GHOST BRIGADE hinzu, was Songwriter Janne Markus hörbar inspiriert hat und "Night Verses" zum bislang dunkelsten Album von THE MAN-EATING TREE gedeihen lässt.
Nach dem recht bedrohlichen und auch unspektakulären Intro 'Night Verses', bietet 'Days Of The Dark' direkt alles, was THE MAN-EATING TREE 2025 ausmacht. Stampfende Riffs, eine durch und durch melancholische Grundstimmung und dazu gesellt sich hier erstmals der unfassbar markante, fast schon lakonisch klingende Klargesang von Manne Ikonen, der hier allerdings immer wieder von dem Gebrüll von Janne Markus flankiert wird, der hier erstmals größere Gesangsanteile beisteuert und so stets Abwechslung reinbringt. Spätestens beim eingängigen Refrain lassen sich die GHOST BRIGADE-Einflüsse nicht mehr verleugnen und es treibt mir die Freudentränen in die Augen.
Die erste Single 'Seer' geht im Anschluss wesentlich zupackender zu Werke und lässt auch die kehligen Growls von Manne Ikonen von der Kette. In den ersten Minuten von "Night Verses" gibt sich THE MAN-EATING TREE keine Blöße, klotzt in einer Tour und liefert Melodien zum Niederknien im Minutentakt ab.
Die Gitarrenarbeit beeindruckt auf die gesamten 49 Minuten neben den packenden Riffs immer wieder mit einer tollen Melodieführung - vor allem bei Songs wie 'Ruins Of Insanity' oder 'Abandoned' - und die Saitenfraktion um die beiden Gitarristen Janne Markus und seinem Partner Sakke Paavola versteht es, abseits der Riffs, vereinzelt geschmackvolle Soli wie etwa beim nach vorne gehenden 'All Our Shadows' einzustreuen. Dem hervorragenden Songwriting ist es auch zu verdanken, dass sich Songs wie 'These Traces', was sich von Ausbruch zu Ausbruch hangelt, oder das eben genannte 'All Our Shadows', was sich zwischendurch in sich kehrt und behutsam aufgebaut wird, deutlich voneinander unterscheiden lassen.
Für die zweite Albumhälfte hat sich THE MAN-EATING TREE noch weitere atmosphärische Highlights aufgespart, gerade das sieben Minuten lange 'To The Sinking' besticht mit einer derartig betörenden und schlicht wunderschönen Melancholie, die man fast mit den Händen greifen kann. Der Song klingt, als würde man sich komplett verkatert die Sorgen aus den Augen reiben, wobei selbst kleinste Sonnenstrahlen unbarmherzig gegen den Schädel hämmern. Nicht nur einmal weckt das Erinnerungen an "Until Fear No Longer Defines Us" von ihr wisst schon wem. 'To The Sinking' klingt nach dem heftigen Ausbruch wunderbar ausladend aus und man ist, einem inneren Furor gehorchend, fast genötigt, die Replay-Taste zu drücken. Großes Kino.
Gespenstische Klaviernoten leiten den abschließenden Zehn-Minuten-Brocken 'Reflections' ein, der "Night Verses" zum Ende hin ausgesprochen doomig ausklingen lässt. Doch bis dahin nimmt sich dieser Song mehr als die Hälfte seiner Spieldauer die Zeit, erneut eine nachdenkliche und bedrückende Stimmung zu erzeugen, um schließlich in totaler Dunkelheit zu enden. Hier erinnert THE MAN-EATING TREE durchaus an die Landsleute von SWALLOW THE SUN.
"Night Verses" ist ein fulminantes Comeback einer fast vergessenen Band. Anstatt da weiter zu machen, wo man 2015 aufgehört hat, dreht THE MAN-EATING TREE fast jeden Stein um und erfindet sich neu, ohne die Vergangenheit zu verleugnen. Der Einfluss von Neu-Sänger Manne Ikonen ist unbestreitbar groß und damit schließt sich ein Stück weit ein Kreis. Ein Kreis, bei dem ich niemals gedacht habe, ihn jemals schließen zu können. Hier fällt kein einziger Song ab, das Niveau ist durchgängig hoch, es gibt finnische Melancholie im Überfluss und die Gewissheit, dass ein Ende auch immer ein Anfang ist. 2025 hat mit "Night Verses" einen unerwarteten Anwärter für das Album des Jahres erhalten. Willkommen zurück, THE MAN-EATING TREE!
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Kevin Hunger